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DerStandard il giornale austriaco, che ha pubblicato ieri, questo servizio sulle condizioni di vita e di lavoro degli immigrati della piana di Gioia Tauro. (per leggere il testo in italiano, cliccare sul traduttore in alto a destra)

Die katastrophale Situation der schwarzen Erntehelfer in Süditalien hat sich durch die Pandemie weiter verschlechtert. Der Staat versagt

Dominik Straub aus Gioia Tauro

Seit das Innenministerium im März seine Beitragszahlungen eingestellt hat, verfügt die Zeltstadt über keine Führung mehr. Die Mitarbeiter, die auf ihre Löhne warteten, zogen ab, die Migranten wurden sich selbst überlassen – mitten in der Pandemie. Die einzige staatliche Präsenz besteht aus einigen Polizeibeamten, die dafür sorgen, dass keine Außenstehenden das Lager betreten.

Die hygienischen Zustände in der “tendopoli” spotten jeder Beschreibung: In den Zelten ist es kalt und feucht, für die bis zu 800 Migranten in dem für 450 Personen ausgelegten Lager gibt es gerade einmal vier Toiletten. “Von November bis März, auf dem Höhepunkt der Orangen- und Mandarinenernte, lebten sechs bis acht Personen in einem Zelt”, sagt Mauro Destefano von der Hilfsorganisation Emergency. Für die Bewohner gab es weder Aufklärung zur Prävention noch irgendwelche Protokolle, die zur Vermeidung einer Infektion hätten beitragen können. “Gesundheitspolitisch ist das Lager eine Zeitbombe”, sagt Destefano. “Aber niemand sah sich veranlasst, etwas zu unternehmen.”

Die Zeitbombe ging bereits im Oktober, zu Beginn der zweiten Welle, hoch. Bei einem Screening im Barackenlager von Rosarno mit 200 Erntehelfern waren 14 von 30 Tests positiv ausgefallen. In der Zeltstadt von San Ferdinando war die Situation nicht viel besser. “Das Virus hat sich mit Lichtgeschwindigkeit ausgebreitet”, so Destefano.

Neue Welle, neues Drama

Die Behörden erklärten in der Folge beide Lager zu roten Zone. Die Infizierten wurden von den anderen Bewohnern getrennt und in separate Zelte gebracht. “Aber sie mussten immer noch dieselben Toiletten benutzen – von einer echten Isolation konnte keine Rede sein.” Die Migranten, auch die negativ getesteten, wurden faktisch in den Lagern eingesperrt. “Dann vergaß man auch noch, ihnen wenigstens Lebensmittel zu bringen. Das musste schließlich die Caritas erledigen.” Während der dritten Welle im März wiederholte sich das Drama.

In der fruchtbaren Ebene von Gioia Tauro mit ihren großen Zitrus-, Oliven- und Kiwiplantagen hat sich der Staat seit Jahren abgemeldet. Weite Teile der Wirtschaft und der Politik sind von der ’Ndrangheta unterwandert, der Hafen gilt als größter Kokain-Umschlagplatz Europas. In diesem staatlichen Niemandsland springen private Hilfsorganisationen wie Emergency ein: Das weltweit tätige Hilfswerk betreibt in Polistena unweit von Rosarno und San Ferdinando einen medizinischen Stützpunkt.

Das “ambulatorio” von Emergency wurde 2013 eröffnet – in einem Gebäude, das der Staat vom dominierenden ’Ndrangheta-Clan der Gegend konfisziert hatte. “Damit setzen wir gleichzeitig ein Zeichen für die Legalität”, sagt Mauro Destefano, der den Stützpunkt leitet. Die medizinischen Leistungen sind kostenlos und stehen allen zur Verfügung, also auch den Einheimischen.

Das ist in Kalabrien nicht ganz unwesentlich: Die öffentliche Gesundheitsversorgung in der ärmsten Region Italiens befindet sich in einem katastrophalen Zustand und ist wegen Unterwanderung durch die Mafia seit Jahren wechselnden – und nicht sehr erfolgreichen – Sonderkommissaren unterstellt.

Kein öffentlicher Verkehr

Die Pandemie hat die sechs Emergency-Mitarbeiter an die Grenze ihrer Belastbarkeit gebracht, auch weil es in der Region keinen funktionierenden öffentlichen Verkehr gibt. “Die kranken Migranten können nicht selber zu uns kommen. Wir fahren deshalb zweimal täglich mit Kleinbussen von Elendssiedlung zu Elendssiedlung, um sie abzuholen”, sagt Destefano.

Weil es sich bei den Erntearbeitern fast ausschließlich um junge Männer handle, seien zwar die meisten Infizierten symptomfrei geblieben. Aber: “Auf den Plantagen müssen sie bis zu 50 Kilo schwere Orangenkisten schleppen. Viele haben deshalb Rückenprobleme.” Hinzu kommen Magen- und Darmkrankheiten, verursacht durch das schlechte Essen.

Die Lebensbedingungen der bis zu 3.000 schwarzen Erntehelfer in Rosarno und San Ferdinando, eine Art moderne Sklaven, sind seit Jahren ein Skandal. Bei Kälte und Hitze schuften sie bis zu 14 Stunden pro Tag für einen Stundenlohn, der zwei Euro nur in seltenen Fällen übersteigt, obwohl für Landarbeiter ein gesetzlicher Mindestlohn von 50 Euro pro Tag vorgeschrieben wäre.

“Und die Pandemie hat ihre Situation noch einmal dramatisch verschlechtert”, sagt der Gewerkschafter Celeste Logiacco in Gioia Tauro. “Einerseits haben die Migranten Angst davor, sich in den Lagern anzustecken – andererseits wollen sie sich nicht testen lassen, denn im Fall eines positiven Resultats müssen sie damit rechnen, dass sie ihre Arbeit und damit ihre Lebensgrundlage verlieren.” Sie würden dadurch für die Behörden noch “unsichtbarer”, als sie es ohnehin schon seien – und außerdem noch leichter erpressbar durch ihre Ausbeuter.

Und der Staat schaut immer noch weg. Die Zeitbombe tickt weiter.(Dominik Straub aus Gioia Tauro, 29.4.2021)

Sorgente: Italiens Erntehelfer-Lager als tickende Corona-Zeitbomben – Italien – derStandard.at › International

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